• Nur noch die Velos der Mädchen standen am Wegesrand

    Vor vierzig Jahren verschwanden im Kanton St. Gallen zwei Mädchen, neun Wochen später wurden ihre Leichen bei der Kristallhöhle Kobelwald gefunden. Der Fall wurde nie aufgeklärt – und bewegt die Anwohner noch immer. [Neue Zürcher Zeitung vom 28. Juli 2022, Link]

  • «Es geht oft um die Demonstration von Männlichkeit»

    In Nordrhein-Westfalen sollen fünf Jugendliche zwischen 12 und 14 Jahren eine junge Frau vergewaltigt haben. Die Leiterin des Zentrums für Kinder- und Jugendforensik an der Universitätsklinik Zürich, Cornelia Bessler, erklärt die Macht gruppendynamischer Prozesse und warum Jugendliche zu Sexualstraftätern werden. [Neue Zürcher Zeitung vom 13. Juli 2019, Link]

  • Quälen, filmen, teilen

    Immer wieder sind auf Facebook Videos zu sehen, in denen Personen in Echtzeit misshandelt werden. Kaum einer schreitet ein. Warum? [Neue Zürcher Zeitung vom 3. April 2017, Link]

  • Kein Freund, kein Helfer

    Die New Yorker Polizei hatte ihre Bürger dazu aufgefordert, Fotos von sich und den Ordnungshütern zu twittern. Doch was gepostet wurde, entsprach nicht den positiven Erwartungen. Im Gegenteil. [Neue Zürcher Zeitung vom 25. April 2014, Link]

  • „Ich denke jeden Tag an die Tat“

    Die Schweizerin Nicole Dill, 42, über Vertrauen und Vergebung

    SPIEGEL: 2007 wurden Sie von Ihrem damaligen Lebensgefährten elf Stunden lang gefoltert, vergewaltigt und beinahe mit einer Armbrust getötet. Inzwischen haben Sie einen neuen Partner und sind Mutter eines Sohnes. Wie haben Sie wieder Vertrauen gefasst?

    Dill: Zuerst wollte ich keine Männer an mich heranlassen. Musste ein Arzt einen Verband wechseln, war das schon ein großer Schritt. Ich musste alles neu lernen, sogar das Atmen. Beide Lungen waren ja angeschossen. Durch viele kleine Schritte habe ich wieder ins Leben gefunden. Aber es gibt immer wieder Momente, in denen die Angst hochkommt, Dunkelheit zum Beispiel oder enge Räume, er hatte mich ja in den Kofferraum gesperrt. Oder ein Mann, der dasselbe Parfum benutzt wie er.

    SPIEGEL: Was hilft Ihnen?

    Dill: Ich fahre mit meinen Inlineskates Marathons. Während dieser 42 Kilometer muss ich mich immer wieder selbst coachen, um nicht aufzugeben. Das hilft mir auch im Alltag. Ich sage mir dann: Du bist im Hier und Jetzt. Roland hat sich kurz nach seiner Inhaftierung umgebracht. Er kann mir nichts mehr tun.

    SPIEGEL: Ihr Lebensgefährte war ein verurteilter Mörder und Vergewaltiger, der vorzeitig entlassen worden war, was Sie nicht wussten. War ihm nichts anzumerken?

    Dill: Ich hätte nie für möglich gehalten, dass er ein Mörder ist. Roland war sympathisch und charmant, er hat mir häufig Schokoladenherzen geschenkt. Aber dann änderte er sich. Wenn ich Freundinnen traf, wollte er mit. Er sagte: „Wenn du nichts zu verbergen hast, nimmst du mich mit.“ Er folgte mir bis ins Büro. Ich war sein Besitz, konnte keinen Schritt ohne ihn gehen.

    SPIEGEL: Worauf achten Sie heute, wenn Sie Menschen kennenlernen?

    Dill: Ich beobachte die Person haargenau, wie sie sich äußert, wie sie sich bewegt. Ich bin zuerst sehr distanziert, und ich verlasse mich auf mein Bauchgefühl: Fühle ich mich wohl in der Gesellschaft dieses Menschen oder nicht? In meinen jetzigen Mann habe ich mich erst spät verliebt, zuerst waren wir nur gute Freunde. In unserer ersten gemeinsamen Nacht konnte ich vor Angst nicht schlafen.

    SPIEGEL: Können Sie Ihrem Peiniger vergeben?

    Dill: Das ist bei einer so schweren Tat nicht möglich. Aber es hilft, wenn man wieder im Alltag verankert ist. Ich habe mich für den Weg nach vorn entschieden. Ich habe mich nie gefragt, warum ich das erlebt habe. Für mich war wichtig, warum ich es überlebt habe. Aber ich denke jeden Tag an die Tat.

    Nicole Dill: „Leben! Wie ich ermordet wurde“. Rowohlt Verlag, Reinbek; 208 Seiten; 8,99 Euro.

    DER SPIEGEL, 05/2012]

    Heute unterstützt Nicole Dill Opfer häuslicher Gewalt und bietet mit der Website „Sprungtuch“ eine erste Anlaufstelle für sie in der Schweiz an.