• „Operierte Brüste bringen nichts“

    Die Autorin Sara Schätzl, 24, über den Weg zum roten Teppich und gefährliche Implantate

    SPIEGEL: Sie träumten von einer Karriere als Glamourgirl, auf Ihrem Weg dorthin haben Sie sich die Brüste vergrößern lassen – mit den gefährlichen PIP-Implantaten. Wie geht es Ihnen?

    Schätzl: Als ich davon erfahren habe, dass die Implantate reißen können, habe ich erst mal drei Tage durchgeheult. Die Strapazen, die Schmerzen, und dann erfährst du, dass alles umsonst war und dein Körper in Gefahr ist. Ich ärgere mich über die laxen Kontrollen. Der TÜV kontrolliert ein Auto stärker als die Sachen, die sie in einen Körper einsetzen.

    SPIEGEL: Haben Ihnen die großen Brüste bei Ihrer Karriere geholfen?

    Schätzl: Operierte Brüste bringen dir gar nichts. Natürlich hilft gutes Aussehen. Aber man kann sich nicht nur darauf verlassen. Ich habe damals die Schule geschmissen und bin auf nach München. Und dann saß ich in meiner Sozialwohnung und habe in meiner Verzweiflung im Branchenbuch geblättert und Filmproduktionen angerufen. Die meisten haben aufgelegt. Schließlich bin ich einfach zu einer hingefahren und habe den Chef abgefangen. So bekam ich meine erste Rolle.

    SPIEGEL: Einigen Frauen aus dem Showbusiness gelingt es, nur durch ihren Körper ins Rampenlicht zu kommen. Frauen wie Micaela Schäfer.

    Schätzl: Ja, aber die ist im Dschungelcamp, was ist denn das für eine Karriere? Ich habe auch noch nie einen Filmproduzenten kennengelernt, der gesagt hat: Na ja, mit größeren Hupen hätte ich dich schon genommen.

    SPIEGEL: In Ihrem Buch beschreiben Sie Ihren Weg zum „Glamourgirl“. Was raten Sie jemandem, der ins Showbusiness will?

    Schätzl: Erstens: Sei schlauer als die anderen. Auf die ersten VIP-Partys habe ich mich geschlichen, weil ich die Kellner kannte. Zweitens: Sei fleißig. Wichtig ist Weiterbildung, Schauspielunterricht. Du musst gucken, dass du in diesem Geschäft die beste Version von dir selbst bist.

    SPIEGEL: Bereuen Sie Ihre Brust-OP?

    Schätzl: Die OP an sich nicht. Das war alles gut überlegt. Aber jetzt bin ich schwanger und kann mir die Implantate nicht herausnehmen lassen. Wir wollen das Kind keiner Vollnarkose aussetzen. Außerdem könnte ich dann nicht stillen. Aber später lasse ich sie rausnehmen.

    Sara Schätzl: „Glamourgirl“. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin; 240 Seiten; 14,95 Euro.

    DER SPIEGEL, 03/2012]

  • „Comics sind sehr effizient“

    Der kanadische Künstler Guy Delisle, 45, über gezeichnete Konflikte

    SPIEGEL: Sie sind im August 2008 mit Ihrer Familie nach Jerusalem gezogen und haben über Ihre Erlebnisse einen Comic verfasst. Eignet sich ein Leben in Israel für lustige Zeichnungen?

    Delisle: Mir ging es nicht darum, politische Konflikte zu beschreiben oder Schlüsse zu ziehen. Ich habe einfach meinen Alltag beobachtet und mich mit den Leuten unterhalten, die mir begegnet sind. Ich zeige dem Leser mein Leben, mehr nicht.

    SPIEGEL: Ihre Frau arbeitete bei „Ärzte ohne Grenzen“ im Westjordanland und im Gaza-Streifen. Die Familie lebte im Osten Jerusalems, dem arabischen Teil. Wie sah Ihr Alltag aus?

    Delisle: Ost-Jerusalem ist sehr heruntergekommen und schmutzig. Einige Straßen sind nicht asphaltiert. Es gibt ein paar Cafés, aber die meisten sind leer. Es sieht dort eher wie in einem Dritte-Welt-Land aus. Meine Frau musste immer einen Checkpoint passieren, um zur Arbeit zu kommen.

    SPIEGEL: In Ihrem Comic „Chroniques de Jérusalem“ sind auch die Sperranlagen zu sehen, die Israel vom Westjordanland trennen.

    Delisle: Diesen Schutzzaun hat man im Osten Jerusalems jederzeit vor Augen. Ich bin viel mit dem Auto herumgefahren. Die Mauer schlängelt sich um ganze Dörfer, sogar um Häuser. Ich habe viele Skizzen von der Mauer gemacht. Das war auch grafisch faszinierend.

    SPIEGEL: Ende 2008 startete Israel eine Luftoffensive auf den Gaza-Streifen. Wie haben Sie die Angriffe erlebt?

    Delisle: Wir waren ganz in der Nähe, der Gaza-Streifen war nur eineinhalb Autostunden entfernt, trotzdem haben wir das gemacht, was alle anderen auch taten: Wir haben al-Dschasira geguckt. Für die Menschen in Gaza war die Situation beklemmend: Niemand durfte das Gebiet verlassen.

    SPIEGEL: Der Nahost-Konflikt ist ja schwere Kost. Trotzdem ist Ihr Buch in Frankreich ein Erfolg. Sind Comics die besseren Lehrbücher?

    Delisle: Comics sind sehr effizient, wenn man Dinge erklären will. Man hat die Zeichnung, den Text oder auch eine Grafik. Ich kann auf einer halben Seite erklären, was der Tempelberg ist. Außerdem habe ich die Möglichkeit, humorvoll zu schreiben. Und Spaß dabei haben, wenn man etwas über Jerusalem liest, das geht ja mit einer Zeitung eher selten.

    Guy Delisle: „Chroniques de Jérusalem“. Éditions Delcourt, Paris; 336 Seiten; 25,50 Euro. Ab März auch auf Deutsch erhältlich.

    DER SPIEGEL, 03/2012]